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Urteil
15. Februar 2024

Arbeitgeber darf Kosten für Personalvermittler nicht abwälzen

BRK+
Richter und Justitia
Bild: © Ozge Emir/iStock/Getty Images Plus
Ein Arbeitsvertrag kam mit Hilfe eines Personalvermittlers zustande. Die Vermittlungsprovision sollte von dem Arbeitgeber bezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis einen gewissen Zeitraum bestehen bleibt. Da der Arbeitnehmer direkt nach Ablauf der Frist kündigte, behielt der Arbeitgeber Teile seiner Vergütung ein.

DER STREITFALL

Die Parteien schlossen ab dem 01.05.2021 einen Arbeitsvertrag. Der Vertrag kam durch Vermittlung eines Personaldienstleisters zustande. Der beklagte Arbeitgeber zahlte an diesen eine Vermittlungsprovision in Höhe von 4.461,60 €. Weitere 2.230,80 € sollten nach Ablauf der – im Arbeitsvertrag vereinbarten – sechsmonatigen Probezeit fällig sein. Laut Arbeitsvertrag war der klagende Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30. Juni 2021 hinaus fortbestehen und unter anderem – aus vom Kläger „zu vertretenden Gründen“ – von ihm selbst beendet werden würde. Nachdem der Kläger sein Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30. Juni 2021 gekündigt hatte, behielt der Arbeitgeber von der für den Monat Juni 2021 abgerechneten Vergütung des Klägers einen Teilbetrag in Höhe von 809,21 € netto ein. Das wollte der Arbeitnehmer nicht hinnehmen.

DIE ENTSCHEIDUNG

Der Arbeitgeber verlor vor dem BAG. Die Regelung im Arbeitsvertrag, die als allgemein formulierte Vertragsbedingung (AGB) der gesetzlichen Kontrolle unterliegt, benachteiligt den Kläger unangemessen. Sie ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Kläger wird hierdurch in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beendet. Es besteht deshalb kein billigenswertes Interesse des Arbeitgebers, solche Kosten auf den Kläger zu übertragen. Der Kläger erhält auch keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könnte.

BAG, Urteil vom 20. Juni 2023, Az.: 1 AZR 265/22

DAS BEDEUTET FÜR SIE

Dies ist eine Entscheidung, die ihre Ursache im Fachkräftemangel hat. Viele Arbeitgeber haben große Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden und wenden sich deshalb an professionelle Vermittler. Die Kosten dafür müssen sie jedoch alleine tragen und dürfen diese nicht auf die so gefundenen neuen Mitarbeiter abwälzen. Denn das Risiko der Personalbeschaffung liegt ganz klar allein beim Arbeitgeber.

Silke Rohde

Silke Rohde
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