Urteil
/ 15. Februar 2024

Kündigung wegen Äußerung in Chatgruppe

Wenn Sie mit weiteren Mitgliedern einer Chatgruppe angehören, sollten Sie auch hier vorsichtig sein, über wen Sie sich in welcher Weise äußern. Im vorliegenden Fall haben sich die Mitglieder sehr negativ über den Arbeitgeber und weitere Kollegen ausgetauscht, was eine Kündigung zur Folge hatte.

DER STREITFALL

Der beim beklagten Arbeitgeber beschäftigte Kläger gehörte seit 2014 einer Chatgruppe mit fünf anderen Arbeitnehmern an. Im November 2020 wurde ein  ehemaliger Kollege als weiteres Gruppenmitglied aufgenommen. Alle Gruppenmitglieder waren „langjährig befreundet“, zwei miteinander verwandt. Neben rein privaten Themen äußerte sich der Kläger – wie auch mehrere andere Gruppenmitglieder – in beleidigender und menschenverachtender Weise unter anderem über Vorgesetzte und Arbeitskollegen. Dies erfuhr der Arbeitgeber zufällig und kündigte dem Kläger.

DIE ENTSCHEIDUNG

In den Vorinstanzen hatte jeweils der Arbeitnehmer gewonnen. Das BAG entschied nun, dass die zweite Vorinstanz einen Rechtsfehler begangen hat und der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden muss. Denn die zweite Instanz hat fälschlicherweise geurteilt, dass der Kläger davon ausgehen durfte, dass seine Nachrichten vertraulich sind und damit keine Kündigung begründet werden kann. Eine solche Vertraulichkeitserwartung ist nach Meinung des BAG aber nur dann berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen können. Das wiederum ist abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe. Sind Gegenstand der Nachrichten – wie vorliegend – beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige, bedarf es einer besonderen  Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben. Diese Darlegung muss nun in der erneuten Verhandlung nach der Zurückverweisung erfolgen.

BAG, Urteil vom 24. August 2023, Az.: 2 AZR 17/23

DAS BEDEUTET FÜR SIE

Trotz des etwas komplizierten Verfahrens ist die Botschaft des BAG eindeutig: Ein Arbeitnehmer, der sich in einer aus sieben Mitgliedern bestehenden privaten Chatgruppe in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen äußert, kann sich gegen  eine darauf gestützte außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nur im Ausnahmefall auf eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung berufen. Das heißt: fast immer rechtfertigen solche Chatnachrichten eine fristlose Kündigung.

Silke Rohde

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