Manche Arbeitgeber greifen zu drastischen Mitteln, um die Gründung eines Betriebsrats zu verhindern: Sie schüchtern Kandidaten ein, drohen mit Kündigung oder verhindern die Bestellung eines Wahlvorstands. Besonders verbreitet ist Druck gegen Beschäftigte, die einen Betriebsrat gründen wollen, in mittelgroßen eigentümergeführten Unternehmen. In beinahe der Hälfte aller Fälle, in denen sich der Arbeitgeber der erstmaligen Wahl eines Betriebsrats entgegenstellt, findet diese am Ende nicht statt. Trotz einzelner Verbesserungen ist der gesetzliche Schutz von betrieblicher Mitbestimmung der Beschäftigten immer noch viel zu schwach – zudem fehlen wirksame Sanktionen, zeigt die aktuelle Studie.
Studie: Jede fünfte Gründung eines Betriebsrats behindert

Erschreckende Zahlen
Die Macher der Studie haben im vergangenen Jahr Gewerkschafter aus 131 regionalen Organisationen der IGBCE, der IG Metall und der NGG zu ihren Erfahrungen mit der Durchführung von Betriebsratswahlen befragt. 47 % der Befragten kannten Fälle, in denen Arbeitgeber zwischen 2020 und 2022 versucht hatten, Betriebsratswahlen zu behindern. 44 % der befragten NGG Hauptamtlichen hatten Kenntnis von Störmanövern von Arbeitgebern. In der Metall- und Elektroindustrie sind es 54 %, im Organisationsbereich der Gewerkschaft IGBCE 33 %.
Inhabergeführte Betriebe besonders betroffen
Insgesamt waren den Befragten, die von Behinderungen von Betriebsratswahlen berichteten, 138 Betriebe bekannt, in denen es im Untersuchungszeitraum dazu gekommen ist. Die Behinderungen ereigneten sich nach der WSI-Auswertung besonders häufig in Betrieben der mittleren Größenordnung von 51 bis 200 Beschäftigten. 43 % aller Fälle entfielen auf diese Gruppe. Überproportional häufig kamen Aktivitäten gegen Betriebsratswahlen in inhabergeführten Unternehmen vor. Hier treffe die betriebliche Mitbestimmung, so die Experten der Hans-Böckler-Stiftung, gerade in jenen Bereichen auf verminderte Akzeptanz, wo Eigentümer ihr Geschäft persönlich führten und nur eine geringe Bereitschaft zeigten, die Macht im Betrieb mit einer weiteren Instanz zu teilen. Unterstrichen werde dieser Zusammenhang durch den Befund, dass in den Fällen, in denen Inhaber gegen eine Betriebsratswahl vorgingen, es überdurchschnittlich häufig nicht zur Bildung eines Betriebsrats komme. Insgesamt ist in 38 % der 138 Betriebe mit bekannten Behinderungsversuchen die Wahl letztlich vereitelt worden. Dabei gab es erhebliche Unterschiede zwischen erstmaligen und Wiederholungswahlen: In den Betrieben, in denen Beschäftigte erstmals einen Betriebsrat wählen wollten, fanden sogar 45 % der Wahlen letztlich nicht statt.
Neugründungen von Betriebsratsgremien sollen nicht behindert werden. So sind etwa sogenannte Vorfeld-Initiatoren, also Arbeitnehmer, die in einem frühen Stadium ihre Absicht zur Gründung eines Betriebsrats in einer notariell beglaubigten Erklärung dokumentieren und entsprechende Vorbereitungshandlungen unternehmen, besonders geschützt. § 15b Abs. 3b KSchG sieht in diesem Fall einen Sonderkündigungsschutz vor: Die Kündigung des Arbeitnehmers „ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen“.