DER STREITFALL
Die Klägerin ist beim beklagten Arbeitgeber als geringfügig Beschäftigte tätig. Im April 2020 war das Ladengeschäft aufgrund einer Anordnung der Stadt Bremen geschlossen. Deshalb konnte die Klägerin nicht arbeiten und erhielt auch keine Vergütung. Mit ihrer Klage hat sie die Zahlung ihres Entgelts für den Monat April 2020 begehrt. Sie hat gemeint, die Schließung des Betriebs aufgrund behördlicher Anordnung sei ein Fall des von der Beklagten als Arbeitgeberin zu tragenden Betriebsrisikos. Dagegen hat der Arbeitgeber argumentiert, die Schließung beträfe das allgemeine Lebensrisiko.
DIE ENTSCHEIDUNG
Die Beschäftigte hat keinen Anspruch auf Entgeltzahlung. Der Arbeitgeber trägt nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn – wie hier – zum Schutz der Bevölkerung durch behördliche Anordnung nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. In einem solchen Fall realisiert sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist vielmehr Folge eines staatlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. Die finanziellen Folgen solcher Eingriffe – hier: der Betriebsschließung – kann, wenn vorgesehen, nur der Staat tragen. Beispiel hierfür ist etwa der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld. Soweit ein solcher Ausgleich durch den Staat – wie bei der Klägerin als geringfügig Beschäftigter – nicht gewährleistet ist, beruht dies auf Lücken in der Gesetzgebung. Diese Lücke muss jedoch nicht vom Arbeitgeber geschlossen werden.
BAG, Urteil vom 13.10.2021, Az.: 5 AZR 211/21
DAS BEDEUTET FÜR SIE
Muss der Arbeitgeber seinen Betrieb aufgrund eines staatlich verfügten allgemeinen Lockdowns zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorübergehend schließen, trägt er nicht das Risiko des Arbeitsausfalls und ist nicht verpflichtet, den Beschäftigten Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu zahlen.